Des Fischers Habgier

Niemand weiß es noch ganz genau, wann und wo sich diese Geschichte zugetragen hat
und ob diese überhaupt der Wahrheit entspricht.
Jedoch wird diese von Generation zu Generation weitergetragen.
Die Alten erinnern die Jüngeren an die Geschichte
und die Eltern erzählen diese ihren Kindern.
Doch es kommt immer häufiger vor, daß diese in Vergessenheit gelangt.
Und deshalb möchte ich Euch diese Geschichte heute noch einmal erzählen :

Vor vielen vielen Jahren lebte an der Küste des großen Meeres ein Fischer.
Natürlich gab es dort viele Fischer, aber diese Geschichte erzählt von einem bestimmten.
Dieser Fischer fuhr, wie jeder andere Fischer auch,
um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, jeden Tag aufs Meer hinaus.
Es war sein eigenes Boot, welches er sich bereits hart erarbeitet und erspart hatte
und auf welches er stolz war,
denn es gab für ihn, bis zum Erwerb, viele Schwierigkeiten zu überwinden.
Auch wurde er von vielen Fischern um dieses beneidet,
denn viele Kollegen haben sich zusammen tun müssen,
um sich ein solches Boot überhaupt leisten zu können
und jeder lebte dennoch gut von seinem Ertrag.
Wie sehr sich nun aber unser Fischer eines Tages bemühen mußte,
sich seinen Lebensunterhalt weiterhin verdienen zu können,
desto mehr führte er Jahr für Jahr ein kläglicheres Leben.
Während seine Kollegen stets mit vollen Netzen nach Hause kamen,
reichte es unserem Fischer so gerade eben, um seine Familie ernähren zu können.
Wie gerne wäre er auch mal wieder mit einem voll beladenen Boot zurück in den Hafen gekehrt.

Die Wochen, Monate und Jahre vergingen.
Eines Tages fuhr er wieder, wie jeden Tag,
hinaus aufs Meer und warf seine Netze aus.
Nein, er war nicht guter Dinge,
denn die große Fangzeit war bereits vorbei und der Winter nahte.
Er holte einige Stunden später seine Netze wieder ein und stellte dabei fest,
daß diese schwerer waren als sonst.
Ja, er hatte heute noch einen guten Fangplatz gefunden und seine Netze waren gefüllt
mit den schönsten und seltensten Fischen.
Nach dem er die Netze geöffnet und geleert hatte,
fand er unter diesen vielen Fischen einen gold-glänzenden.
Er nahm diesen Fisch aus seinem Fang heraus und stellte fest, daß dieser aus purem Gold war.
Er mußte sich nun erst einmal hinsetzen und besah sich diesen immer wieder,
denn er konnte nicht glauben, was er sehe und in Händen hielt.
Irgendwie rutschte ihm dieser Fisch aus der Hand und landete zurück in seinem Fang.
Auf einmal verwandelten sich auch die andere Fische in pures Gold.
Der Fischer dachte, daß er träume, denn er konnte nun all dieses Geschehen nicht mehr glauben.
Wie lange hat er darauf gewartet, ein unbeschwertes Leben führen zu können.
Und nun...?
Er dachte lange nach und es dauerte einige Zeit, bis sich der Fischer innerlich wieder beruhigt hatte.
Da dachte er auf einmal :

Wenn dieser eine Fisch, seinen ganzen Fang in Gold verwandelte,
dann müßte dieses doch mit dem nächsten Fang...
... und wann würde er einen solchen Fangplatz überhaupt wohl wieder finden können ?

Er warf die Netze zum wiederholten mal aus und wartete einige Stunden,
bis er auch diese wieder einholte.
Dieser Fang war noch schwerer und reichhaltiger, als wie der erste.
Er öffnete die Netze und ließ die Fische über den ersten Fang ausgleiten
und wartete ein paar Minuten ab.
Doch nichts geschah. - Die Fische blieben, wie sie waren.
Er hatte nun Nahrung und Reichtum in seinem Boot,
die / der bestimmt für ihn und seiner Familie ausreichend gewesen wäre,
um ein leichteres Leben führen zu können.
Er dachte jedoch :
"Vielleicht geschehe es später, daß sich diese Fische ebenso in Gold verwandeln würden,
wie die, aus dem ersten Fang".
.... und in seinem Boot wäre noch etwas Platz.

Er schaute sich um und warf seine Netze zum dritten mal aus.
Als er sich dem Boot wieder zuwendete und in seine Fracht schaute,
verwandelten sich nun auch die anderen Fische wieder in Gold.
Aber er mußte feststellen, daß, je mehr Fische sich in Gold verwandelten,
auch die Last des Bootes immer schwerer wurde.
Das Boot begann schließlich zu sinken.
Wo hätte sich nun unser Fischer noch festhalten und wohin retten können,
denn er war ja alleine, weit draussen, auf dem Meer.
Die Ladung verrutschte und begrub den Fischer unter seiner Fracht.
Das Boot wurde schwerer und schwerer
und sank und sank immer weiter und tiefer,
bis es auf dem Meeresgrund angelangt war.
Das Gold an den meisten Fischen bildete sich wieder zurück,
so daß diese wieder lebendig wurden und davon geschwommen sind.
Das Boot zerbarst jedoch in den Fluten des Meeres
und wurde viele Jahre später noch als Wrackteile an Land angespült,
so daß nun jeder wußte, daß es hier irgendwo einmal ein Unglück gegeben haben müsse.
Irgendwann gab auch das Meer den Körper des Fischers wieder frei,
doch niemand wußte, wie es um ihm geschehen war.
Heute wissen wir, daß er seiner Habgier zu Opfer gefallen ist und alles verlor, was er einst hatte :
Seinen reichhaltigen Fang, seinen Reichtum, sein Boot, seine Familie und letztlich sich selber.
Einige Menschen behaupten sogar,
daß es noch ein paar wenige Fische giben solle,
welche aus der Fracht unseres Fischers kommen, die einst zu Gold geworden und geblieben waren.
... und es ist nicht auszuschließen,
daß auch wir einen solchen Fisch irgendwann einmal selber in der Hand haben könnten.

Damit aber die Geschichte unseres Fischers, allen Menschen, weiterhin stets in Erinnerung verbleibt,
gibt es auch heute noch die goldenen Fische, die jeder kaufen kann.
Sicherlich !
Diese sind nicht aus purem Gold, sondern erhalten durch die Räucherei eine goldgelbe Farbe.
Diese sollen uns aber stets daran erinnern,
daß wir uns von den goldenen Fischen nicht verführen lassen sollten
und daß wir der Habgier sehr schnell zu Opfer fallen und alles verlieren können,
was wir einst haben besessen.

Darum :
Strebe nicht nach Ruhm und Reichtum.
Versuche stets zufrieden zu sein, mit dem, was Du hast.
Kann weniger somit nicht auch mehr sein ?


© Copyright 2003 by Klaus Bernd Grenda, Eckernförde, Germany
Verfasser :
Klaus Bernd Grenda
Juni 2003